Franco aus Quito: Eine Reise zwischen zwei Welten - Vom Äquator nach Karlsruhe
Franco aus Quito: Eine Reise zwischen zwei Welten - Vom Äquator nach Karlsruhe
Die Geschichte eines jungen Ecuadorianers, der seine Träume über Kontinente hinweg verfolgt
In den gepflasterten Straßen der Karlsruher Innenstadt, zwischen dem geschäftigen Treiben deutscher Studenten und dem Duft von Bratwurst und Brezeln, läuft ein junger Mann mit einem warmen Lächeln und einem unverkennbaren lateinamerikanischen Akzent. Franco, 26 Jahre alt, trägt seine Geschichte wie einen unsichtbaren Rucksack mit sich – eine Geschichte, die am Fuße der Anden begann und ihn über 10.000 Kilometer weit von zu Hause weggeführt hat.
Zwei Koffer, ein Traum und unendlich viel Mut
Die Geschichte von Franco ist die klassische Erzählung eines jungen, ambitionierten Mannes, der die Grenzen seines Heimatlandes Ecuador verlässt, um in Europa zu studieren und aus seinem Leben etwas zu machen. Zwei Koffer voller Hoffnungen, Träume und den wichtigsten Erinnerungen an die Heimat – mehr brachte er nicht mit nach Deutschland. Doch in diesen beiden Koffern steckte das gesamte Vertrauen einer Familie, die an ihren Sohn glaubte.
Seine Eltern, Myrian aus Quito und Oscar aus Ambato, einer Stadt etwa zwei Stunden südlich der ecuadorianischen Hauptstadt, lernten sich in der pulsierenden Metropole am Äquator kennen. Ihre Liebesgeschichte begann in den Straßen Quitos, wo sich die koloniale Architektur mit modernen Wolkenkratzern mischt und wo der Pichincha-Vulkan majestätisch über die Stadt wacht. Gemeinsam sorgten sie sich liebevoll um die Erziehung ihrer Kinder, immer mit dem Ziel vor Augen, dass es ihre Kinder einmal besser haben sollten.
Das Leben im Land der tausend Gesichter
Ecuador, das Land, das Franco seine Heimat nennt, ist ein Paradies der Biodiversität – von den schneebedeckten Gipfeln der Anden über den üppigen Amazonas-Regenwald bis hin zu den verzauberten Galápagos-Inseln. Doch hinter dieser natürlichen Schönheit verbirgt sich eine andere Realität. Die tägliche Instabilität prägt das Leben der Ecuadorianer: Überfälle gehören zum Alltag, politische Instabilität erschüttert regelmäßig das Land, und Gaunereien verschiedenster Art machen es schwer, eine sichere Zukunft zu planen.
In diesem Umfeld aufzuwachsen bedeutet, früh zu lernen, dass Bildung und harte Arbeit die einzigen Wege sind, um den Kreislauf der Unsicherheit zu durchbrechen. Myrian und Oscar erkannten dies und investierten alles in die Bildung ihrer Kinder. Sie wussten, dass die Zukunft ihrer Familie möglicherweise jenseits der ecuadorianischen Grenzen lag.
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Franco, ein feiner Junger Mann, mit großem Herz am richtigen Fleck. |
Karlsruhe: Mehr als nur ein Studienort
„Lieber Franco, warum gerade Karlsruhe?“, frage ich den jungen Mann, während wir unter dem Sonnenschirm auf der Terrasse der Toro-Tapasbar einen Caffè Freddo genießen.
Seine Antwort ist einfach und doch voller Bedeutung: "Hier in Karlsruhe lebt mein großer Bruder Daniel."
Daniel – ein Name, der in Francos Erzählung wie ein roter Faden auftaucht. Der große Bruder, der bereits 15 Jahre in Karlsruhe gelebt hat, der hier Maschinenbau studiert und sich erfolgreich in die deutsche Arbeitswelt integriert hat. Daniel war nicht nur Francos Vorbild, sondern auch sein Kompass in der neuen Welt.
"Daniel möchte aber jetzt nach so vielen Jahren wieder zurück nach Ecuador, wahrscheinlich nächstes Jahr", erzählt Franco mit einem nachdenklichen Lächeln. "Er möchte die Erfahrung, die er hier in Deutschland gewonnen hat, in Ecuador umsetzen."
Diese Entscheidung des großen Bruders zeigt die komplexe Beziehung, die viele Auswanderer zu ihrer Heimat haben. Nach Jahren des Lernens und Wachsens in der Fremde entsteht oft der Wunsch, das erworbene Wissen zurück in die Heimat zu bringen – ein Kreislauf des Gebens und Nehmens zwischen zwei Welten.
Die ersten Schritte in der neuen Heimat
"Und du Franco? Was sind deine Pläne?" frage ich weiter.
Seine Augen leuchten auf, als er zu erzählen beginnt: "Dank meines Bruders Daniel hatte ich einen leichten Start. Ein fremdes Land, andere Sprache, andere Sitten, anderes Essen... aber dank meinem Bruder war es nicht so schwer."
Die Toro Tapasbar in Karlsruhe wird in seiner Erzählung zu einem magischen Ort – dem Treffpunkt, dem Wohnzimmer fern der Heimat. In dieser spanischen Tapasbar, wo lateinamerikanische Rhythmen die Luft erfüllen und wo Spanisch gesprochen wird, fand Franco nicht nur kulinarische Vertrautheit, sondern auch eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten.
"In der Toro Tapasbar habe ich auch gleich Anschluss mit anderen Latinos geknüpft", erzählt er stolz. "In den letzten zwei Jahren konnte ich Deutsch lernen und habe mich wunderbar integriert."
Diese Integration ist keine Selbstverständlichkeit. Sie erfordert Mut, Geduld und die Bereitschaft, sich täglich neuen Herausforderungen zu stellen. Von der Grammatik der deutschen Sprache bis hin zu den ungeschriebenen Gesetzen der deutschen Bürokratie – jeder Tag bringt neue Lektionen mit sich.
Die Familie im Herzen
Trotz aller Erfolge in Deutschland bleibt die Familie das Herzstück von Francos Welt. "Ich vermisse natürlich den Rest der Familie, meine Geschwister Gabriel und meine kleine Schwester Sol", sagt er mit einem wehmütigen Unterton. "Sol ist die Kleinste, sie ist die Prinzessin der Familie."
In diesen Worten spiegelt sich die universelle Erfahrung aller Auswanderer wider – die Zerrissenheit zwischen dem Streben nach einer besseren Zukunft und der Verbundenheit mit den Menschen, die man zurückgelassen hat. Gabriel und Sol sind nicht nur Geschwister, sondern Erinnerungen an die Kindheit, an gemeinsame Spiele in den Straßen Quitos und an die Geborgenheit des Familienlebens.
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Franco, Alejandro, Christian, Mario. |
Zwischen Bauingenieurwesen und Zukunftsträumen
"Ich mache jetzt erstmal meinen Master in Bauingenieurwesen und danach sehen wir weiter", erklärt Franco seine aktuellen Pläne. Diese pragmatische Herangehensweise ist typisch für viele junge Auswanderer – Schritt für Schritt, ein Ziel nach dem anderen.
Das Bauingenieurwesen ist eine Disziplin, die perfekt zu Francos Persönlichkeit passt. Es geht um das Schaffen von Strukturen, um das Bauen von Brücken – sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne. Vielleicht wird Franco eines Tages Brücken zwischen Deutschland und Ecuador bauen, sowohl architektonisch als auch kulturell.
Kulinarische Sehnsucht und sprachliche Heimat
"Was vermisst du aus Ecuador?" frage ich, und Francos Antwort kommt ohne Zögern: "Obwohl ich Deutsch liebe, ich vermisse die Sprache, die Familie und natürlich einige Gerichte, die typisch ecuadorianisch sind."
Die ecuadorianische Küche ist so vielfältig wie das Land selbst. Da ist zunächst das Ceviche – roher Fisch oder Meeresfrüchte, mariniert in Limettensaft mit Zwiebeln, Koriander und Chili. Es ist das Nationalgericht der Küstenregion und ein Fest für die Sinne.
Dann gibt es Locro de Papa, eine herzhafte Kartoffelsuppe mit Käse und Avocado, die besonders in den Anden beliebt ist. Die Kartoffel, ursprünglich aus den Anden stammend, wird in Ecuador in unzähligen Variationen zubereitet. Llapingachos sind gefüllte Kartoffelpfannkuchen mit Käse, serviert mit Chorizo und Spiegelei – ein Gericht, das Francos Kindheitserinnerungen weckt.
Hornado ist ein weiteres traditionelles Gericht – ein ganzes Schwein, das stundenlang gebraten wird, bis die Haut knusprig und das Fleisch zart ist. Es wird mit Mais, Kartoffeln und Salat serviert und ist ein Fest für die ganze Familie.
Nicht zu vergessen Encebollado, eine Thunfischsuppe mit Zwiebeln und Yuca, die als das perfekte Mittel gegen einen Kater gilt, oder Fritada, gebratenes Schweinefleisch mit Mais und Bohnen.
Eine Anekdote aus Castelldefels
"Eine Anekdote noch, lieber Mario, möchte ich dir erzählen", sagt Franco mit einem verschmitzten Lächeln. "Ich war vor Kurzem in Castelldefels, nahe Barcelona. Ich war dort zum ersten Mal in Spanien. Das Gefühl, in einem fremden Land zu sein und trotzdem dieselbe Sprache zu sprechen, war beeindruckend. Ich war geflasht."
Diese Erfahrung illustriert die komplexe Identität vieler Lateinamerikaner in Europa. Spanien fühlt sich vertraut an durch die gemeinsame Sprache und die kulturellen Verbindungen, die bis in die Kolonialzeit zurückreichen. Gleichzeitig ist es fremd genug, um zu überraschen und zu begeistern.
In Castelldefels, diesem charmanten Küstenort südlich von Barcelona, wo das Mittelmeer auf katalanische Kultur trifft, erlebte Franco einen Moment der Klarheit. Er erkannte, dass seine Identität nicht an einen Ort gebunden ist, sondern sich über Kontinente erstreckt. Er ist Ecuadorianer, Deutscher und Weltbürger zugleich.
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Christian und Franco entwickeln sich zu Wein-Experten. |
Die Zukunft im Blick
"Wo siehst du dich in zehn Jahren?" frage ich schließlich.
Francos Antwort ist ehrlich und nachdenklich: "In zehn Jahren? Ich weiß es nicht. Ich bin gerne in Deutschland, ich liebe aber auch Ecuador. Ich bin den Deutschen so dankbar für die Chance, die man mir gegeben hat, aus meinem Leben etwas zu machen. Die gute Erziehung meiner Eltern Myrian und Oscar und mein Fleiß – deswegen bin ich hier."
Diese Dankbarkeit ist nicht gespielt oder oberflächlich. Sie entspringt der tiefen Erkenntnis, dass Bildung und Chancen Geschenke sind, die nicht jeder erhält. Deutschland hat Franco eine Plattform geboten, von der aus er seine Träume verwirklichen kann. Gleichzeitig vergisst er nie die Grundlagen, die seine Eltern ihm mitgegeben haben – die Werte, die Arbeitsmoral und die Liebe, die ihn zu dem gemacht haben, was er heute ist.
Eine Geschichte von Millionen
Francos Geschichte ist einzigartig in ihren Details, aber universell in ihrer Essenz. Sie ist die Geschichte von Millionen junger Menschen weltweit, die ihre Komfortzone verlassen, um ihre Träume zu verfolgen. Es ist die Geschichte von Mut, Ausdauer und der unerschütterlichen Hoffnung, dass harte Arbeit und Bildung zu einer besseren Zukunft führen können.
In Karlsruhe, dieser Stadt der Technik und Innovation, wo das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Studierende aus aller Welt anzieht, schreibt Franco täglich neue Kapitel seiner Geschichte. Er ist Teil einer neuen Generation von Weltbürgern, die Brücken zwischen Kulturen bauen und zeigen, dass Integration keine Einbahnstraße ist.
Die Toro Tapasbar als Symbol
Die Toro Tapasbar ist mehr als nur ein Restaurant – sie ist ein Symbol für die Möglichkeit, ein Stück Heimat in der Fremde zu finden. Hier treffen sich Geschichten, Träume und Hoffnungen von Menschen aus verschiedenen Ländern Lateinamerikas. Hier wird Spanisch gesprochen, hier werden Erinnerungen geteilt, und hier entstehen neue Freundschaften.
Solche Orte sind essentiell für die Integration von Migranten. Sie bieten nicht nur kulinarische Vertrautheit, sondern auch emotionale Unterstützung. In der Toro Tapasbar kann Franco für einen Moment vergessen, dass er Tausende von Kilometern von zu Hause entfernt ist.
Zwischen zwei Welten
Franco lebt zwischen zwei Welten – der deutschen Gegenwart und der ecuadorianischen Vergangenheit, der europäischen Zukunft und der lateinamerikanischen Seele. Diese Dualität ist sowohl Herausforderung als auch Bereicherung. Sie macht ihn zu einem Brückenbauer, zu einem Übersetzer zwischen Kulturen.
Seine Geschichte zeigt, dass erfolgreiche Integration nicht bedeutet, die eigene Identität aufzugeben. Vielmehr geht es darum, neue Aspekte der Persönlichkeit zu entwickeln und verschiedene kulturelle Einflüsse zu einem harmonischen Ganzen zu verschmelzen.
Ein Blick in die Zukunft
Während Franco seinen Master in Bauingenieurwesen absolviert, arbeitet er nicht nur an seinem Abschluss, sondern auch an seiner Zukunft. Vielleicht wird er eines Tages Infrastrukturprojekte in Ecuador leiten, die mit deutschem Know-how realisiert werden. Oder er wird in Deutschland bleiben und als Experte für nachhaltige Entwicklung in Lateinamerika arbeiten.
Die Möglichkeiten sind endlos, und das ist vielleicht das Schönste an Francos Geschichte. Sie ist noch nicht zu Ende geschrieben. Jeder Tag bringt neue Entscheidungen, neue Chancen und neue Möglichkeiten mit sich.
Fazit: Eine Geschichte der Hoffnung
Francos Geschichte ist eine Geschichte der Hoffnung – Hoffnung auf eine bessere Zukunft, auf die Überwindung von Grenzen und auf die Kraft der Bildung, Leben zu verändern. Sie zeigt, dass mit Mut, Ausdauer und der Unterstützung der Familie auch die größten Träume Wirklichkeit werden können.
In einer Zeit, in der Migration oft kontrovers diskutiert wird, erinnert uns Francos Geschichte daran, dass hinter jedem Migranten eine individuelle Geschichte steht – eine Geschichte von Träumen, Opfern und der unerschütterlichen Hoffnung auf ein besseres Leben.
Franco aus Quito ist nicht nur ein Student in Karlsruhe. Er ist ein Botschafter seines Landes, ein Brückenbauer zwischen Kulturen und ein lebender Beweis dafür, dass Bildung und harte Arbeit die mächtigsten Werkzeuge sind, um das Leben zu verändern.
Seine zwei Koffer, mit denen er einst nach Deutschland kam, sind längst unpacked. Doch die Träume, die er darin mitgebracht hat, werden weiterhin sein Kompass sein – auf seinem Weg zwischen zwei Welten, zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen Ecuador und Deutschland.
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Meta-Beschreibung: Die inspirierende Geschichte von Franco (26) aus Quito, Ecuador, der mit zwei Koffern nach Karlsruhe kam, um Bauingenieurwesen zu studieren. Eine bewegende Erzählung über Migration, Familie, Integration und Träume zwischen zwei Welten - von den Anden bis nach Deutschland.
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